Nebenschauplatz Kultur

Kulturminister Kogler sagte in der Pressestunde vom 22.11.2020, angesprochen auf die offenen Waffengeschäfte, während Buchhandlungen geschlossen sind: „Man muss aufpassen, dass wir uns nicht, angesteckt von den Oppositionsbänken, in rabiate Echokammern hinein hyperventilieren.“ Da zeigt sich ein – bei einem Grünen doch überraschend – recht eigenartiges Verständnis von Demokratie und Diskurs, das folgerichtig in den Versuch mündet, die Polemik, die man anderen vorwirft, noch weit und billigst zu übertrumpfen.

In der Folge meint Herr Kogler, der für eine Wieder-Öffnung der Kulturbetriebe offensichtlich keine Perspektive anzubieten hat, er möchte sich nicht auf „Nebenschauplätzen“ verlieren. Ich bin nun gerne bereit, die Art von Polemik des Herrn Ministers aufzugreifen und ihm zu erwidern: Kultur ist also für den Kulturminister ein Nebenschauplatz? Das ist nun wirklich eine interessante Amtsauffassung, wenn auch nicht ganz neu; da hat er anscheinend von seinem unmittelbaren Amtsvorgänger gelernt und macht sich gleich noch mit dem Herrn Bundeskanzler gemein, der gerne herablassend von „Kulturverliebten“ spricht.

Bezeichnend ist, dass solch flapsige Äußerungen inzwischen relativ unkommentiert verhallen. Wir erinnern uns: Bei Frau Lunacek gab es eine Welle der Empörung, die letztlich ihren Rücktritt zur Konsequenz hatte. Haben wir uns schon so an die Kulturlosigkeit unserer verantwortlichen Politiker gewöhnt, sind wir so müde und erschöpft, oder ist es lediglich das Privileg der Männer, ungestraft Unsinn reden zu dürfen?

Wenigstens ein kleines Korrektiv muss sein: Ich werde Herrn Kogler hinfort Nebenschauplatzminister nennen.


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