anstatt dass

 

da ist eine insel irgendwo an der wiege
europas, dort ist das elend daheim, dort werden
menschen in lager gesteckt, da ist das inferno
ein paradies, zusammengepfercht zu tausenden
 
wie tiere, stacheldrahtumzäunt in nassen zelten,
in dreck, feuer und gestank, beraubt ihrer rechte,
beraubt ihrer würde auf geheiß und mit billig-
ung unserer allerchristlichsten regierungen.
 
natürlich könnte man etwas tun, könnte helfen,
könnte retten, man könnte einfach mensch sein, doch die
verteidiger des abendlandes retten lieber
den nikolo, mehr gibt die nächstenliebe nicht her.
 
anstatt dass
sie was täten, was ’nen sinn hat und ’nen zweck,
tun sie nichts
und lassen die menschen verrecken im dreck.
 
das ist der mond über lesbos,
der sich hinter wolken versteckt,
das ist der verdammte „da kann man halt nichts machen“ text,
das ist die „wir können doch nicht alle aufnehmen“ leier.
das ist der regen über der ägäis, das ist die scheiße,
die durch die zelte rinnt, das ist weihnachten
im lager, das ist alltag auf lesbos:
der sumpf, in dem die menschlichkeit ersäuft.
 
anstatt dass
sie was täten, was ’nen sinn hat und niveau,
tun sie nichts
und machen für die medien billige show.
 
das ist die wiege europas,
und wir schauen gelangweilt zu,
das ist der verdammte
                  „das sagt uns doch der hausverstand“ text,
das ist die „das ermuntert nur noch mehr zu kommen“ ausrede,
das sind die ratten überall, das sind die misshandelten,
vergewaltigten kinder, das ist weihnachten
im lager, das ist alltag auf lesbos:
kein kind in der krippe, nur kinder im dreck.
 
doch anstatt dass
sie was täten,
tun sie nichts und beten.






  

Entdecke mehr von wortgesplitter

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Hinterlasse einen Kommentar